DIE SCHWELLE

Wie bist du nur hier hingekommen, oh wandernde Seele, an das Ende deiner Welt?
 
Wo die Dinge nicht mehr sie selbst sind, sondern immer mehr das werden, was du in ihnen siehst? Wo das Sein in ein verwirrendes schillerndes Licht übergeht, mit seltsamen Symbolen? Vor dir liegt der blaue Fluß, und irgendwo hast du schon gehört, dass es gilt, ihn zu überqueren. Aber: siehst du dort einen Fluß, versinkst du, siehst du einen blauen Rasen, kannst du ihn überqueren, siehst du von oben auf unendliche blaue Wälder, wirst du dich verirren.

Am anderen Ufer schaust du in einen seltsamen psychedelischen Seelenspiegel mit Symbolen, die du nicht entziffern kannst, obwohl sie dir unendlich vertraut vorkommen, als seien sie du selbst! Verliere dich aber nicht in deinen Selbst-Spiegel, der dich zu den Seelenkammern der Unendlichkeit verführt. Hinter dem Spiegel geht es einen tiefen Canyon hinab zu einem blauen Fluß, aber je tiefer du hinabsteigst, desto mehr Details und immer mehr Welten tauchen auf, in die du dich verlieren wirst.
Ganz hinten lauert der Abgrund der totalen Finsternis.
 
Und du wartest auf die Nacht, um hier am Ende die tröstende Weite der Sterne zu erfahren. Vergeblich! Du bist hier in deiner eigenen Welt ans Ende gelangt, und die kosmischen Weiten von fremden Göttern, die nicht dein Selbst sind, stehen dir hier nicht mehr zur Verfügung. Raum und Zeit werden hier immer mehr zu Symbolen deiner Selbst, hören immer mehr auf, zu sein – aber halte dich nicht für ein geheimnisvolles Symbol, welches es zu entziffern gilt.
 
Halte inne, schau weiter nach innen, bis sich alles Sinnhafte in eine unergründliche unermeßliche Stille auflöst, für die es keine Worte gibt. Dies Geheimnis ist überall, ohne je faßbar zu sein. Und wenn du wieder zurückgekehrt bist, und alles Gewohnte exact wieder so ist, wie vorher, wirst du dich fragen: wie bist du nur dort hingekommen, oh wandernde Seele, an das Ende deiner Welt?
 
Das Geheimnis ist überall und nirgends, aber ohne je fassbar zu sein.

 
Von meinem lieben Freund merlYnn.*

Mischtechnik by Arkis 1988

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by *George the Merlin

Autor: Arkis υιός

210 * 418 Kunst ist die Idee eines Prozesses dessen, was war ist und sein wird.

7 Kommentare zu „DIE SCHWELLE“

  1. Der Tanz auf der Klinge eines Skalpells führt wahrlich an das Ende der Welt.

    Wer nach dem Geheimnis ereifernd greift, wird es nie wirklich spüren.
    Es offenbart sich der Offenheit … ein Geschenk.

    I look through the trees, while rings of smoke dissolve
    Einst bleierner ZeppMerlin

  2. George the Merlin hat auch so eine spezielle, individuelle Chronik, es passt total zu seinem Text. Hm, ich empfinde ein wenig anders, tut aber natürlich dem Text nix zur Sache ;o)

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