In den folgenden kurzen Ausführungen beziehe ich mich auf Ideen
des Kultur- und Bewusstseinsphilosophen Jean Gebser.
In dessen Zeitmodell werden fünf Manifestationen der Zeit behandelt und zusammengefasst: die archaische, die magische, die mythische, die mentale und die integrale Zeitqualität.
Das Archaische liegt vor aller Zeit und allem Raum. Es weist keinerlei
Eigenschaft auf. Dies bedeutet, die Art und Weise jener Realisation-
und Denkformen sind ursprünglich. Seine Dimensionierung ist null,
ebenso gibt es noch keinerlei Perspektive.
Die magische wird als vorperspektivisch bezeichnet und gilt als eindimensional. Sie ist raum- und zeitlos, und weist sich durch richtungslose und einheitliche Verflochtenheit aus: Alles ist eins und das Teil steht für das Ganze. Ihre Realisationsform ist vorrational, ihre Art und Weise sich im Bewusstsein zu manifestieren ist analogisch.
Der Übergang zur mythischen Zeit ist fließend und zweidimensional, aber noch unperspektivisch. Sie zeichnet sich durch eine kreishafte, polare Ergänzung, wie wir sie durch die zyklische Zeit der Jahreszeiten kennen, aus. Sie lässt sich auch als Erfahrung der zyklischen Naturzeit bezeichnen. Ihre Realisationsform ist irrational: unkausal und polar. Sie ist vergangenheitsbezogen, bedingt und befristet.
Die mentale Zeit. Sie entspricht dem, was wir als lineare Uhrzeit kennen. Sie ist dreidimensional und ihre Raum/Zeitbezogenheit perspektivisch. Ihr Wesen ist Dualität und ihre Eigenschaft zeichnet sich durch eine duale Gegensätzlichkeit aus. Ihre Art und Weise sich zu manifestieren ist rational: kausal gerichtet. Denken ist Sein. Sie existiert lediglich in unseren Köpfen. Unsere geschäftige Welt orientiert sich danach, und wir alle mehr oder weniger nach und mit ihr. Sie ist folgerichtig ich-haft und materiell bezogen. Man kann sie aber (und sich) nicht einfach negieren oder nihilieren, darum geht es hierbei auch nicht.
Die integrale Zeitqualität. Sie ist vierdimensional, aperspektivisch, raum- und zeitfrei, ihr Wesen transparent und ihre Eigenschaft zeichnet sich durch Ganzheit aus. Sie ist konkretisiert, arational: akausal. Sie zeichnet sich aus durch ein zeitgleiches Wahrnehmen von Ursprung und Gegenwart.
Grafk v. Arkis
Das Achronon ist eine Wortkreation im Sinne einer A-perspektive,
in Anlehnung an Picassos Kubismus. Da sieht man auf transparente Weise all diese Seiten und Strukturen einer Darstellung zugleich. Dies ließe sich nun auf all diese Zeitstrukturen übertragen.
Es könnte ein: in die eigene Zeit kommen, sein. Dazu muss man aber verrückt sein, ich meine, wirklich verrückt. Verrückt verrückt, nicht normal verrückt, so wie wir alle, kollektiv besehen. Und wo wir allein nur der mentalen Zeit verhaftet sind.
Ich denke mir, dies könnte auch verwandt mit einem „in sich selber ruhen“ sein. Nach Gebsers Modell soll hierbei zugleich auch ein anderes, nicht Fassbares hindurch scheinen. Etwas Multivalentes und zugleich etwas Gegenwärtiges und zugleich etwas Ursprüngliches, vollkommen ich-frei, und a-materiell (da dieses Bezugsmodell ja nun überwunden sei).
Ganz und gar in einer Ursprungs-gegen-wärtigkeit zu
sein, dies ist das Achronon: die Zeit-frei-heit.
ich lese mich grad in deine Texte ein und entdecke deine Bilderwelt. Zeit – ihre Wirkung, ihre Wahrnehmung – war für mich früh ein zentrales Thema und beschäftigt mich immer noch gelegentlich. Hab die Gebser-Zusammenfassung mit Interesse gelesen und einige deiner Bilder beschaut. Grüße aus Griechenland, wo ich lebe. Gerda
Dafür ist es hier, liebe Gerda. Ich schaue bei dir immer gerne mal, was du machst und mit welcher Philosophie du es betreibst. Deine Heraklit -Interpretation gefällt mir z. B. sehr gut. Liebe Grüße an dich zurück aus dem Schwarzwald.
… es mag zeitverückt … sein …
Sehr gern gelesen! Gehaltvollwissen. Liebe Grüße✨
wir sind es